von Alice Niklaus
Die Vereinigten Nationen haben 2010 zum "Internationalen Jahr der Artenvielfalt" erklärt, um auf den weltweit akut drohenden Verlust der biologischen Vielfalt von Tieren und Pflanzen aufmerksam zu machen. Mehr dazu auf der Homepage der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V. hier klicken.
Vom 20. Mai bis 20. Juni finden auf Initiative des Bundesumweltministerium und des Bundesamt für Naturschutz in ganz Deutschland Wanderveranstaltungen statt. Sie sollen dazu beitragen, eine breite Öffentlichkeit mit dem Begriff der biologischen Vielfalt (Biodiversität) vertraut zu machen.
Rainer Wölfel vom Naturschutzzentrum Wengleinpark e.V. lädt zu einer geführten Wanderung im Naturschutzgebiet Molsberger Tal ein. Das Thema ist "Rinder weiden für die Artenvielfalt".
Ist der Pfingstsamstag eine gute oder eine ungünstige Wahl für eine Wanderung zum Thema? Es ist ein guter Tag, denn Rainer Wölfel kann an diesem sonnigen Morgen eine am Thema sehr interessierte Gruppe begrüssen.
Wir lernen ein Beweidungsprojekt mit Hinterwälderrindern kennen. Der erste sonnige Tag nach beinahe winterlichen Tagen wird uns am 22. Mai beschert. Etwa drei Stunden soll die Wanderung dauern, ich freue mich darauf!
Auf der Weide ist zunächst kein Rind zu sehen. Schade, denke ich, habe aber nicht mit der Vertrautheit der Kühe zu ihrem "Hirten" gerechnet. Rainer ruft, die sechs Schönen kommen gelaufen.
Die Hinterwälder-Rinder. Sie sind klein und leicht, robust und genügsam im Futter und darum ideale "Öko-Wiesenmäher" für Feuchtwiesen und Steilhänge. Der Kopf ist meist weiss, das übrige Fell braun oder gelblich auf weissem Grund.
Die Gruppe hier hat eine Leitkuh, sie ist ein Jahr älter, trägt eine Glocke und ist trächtig. Der Stier war auf der Weide zu Besuch, alles bio. Wars der Zaun, wars Vorsicht, ganz an den Zaun kamen sie nicht, keine Streicheleinheiten, kein Handabsaugen. Eine rauhe Rinderzunge um die Finger ist ein ganz besonderes Gefühl. Ich sprech aus Erfahrung. Die Tiere ziehen sich in den Schatten zurück und wir dürfen - ausnahmsweise - über die Weide weiterwandern.
Das Molsbergertal steht im unteren Bereich unter Landschaftsschutz, im oberen Teil unter Naturschutz. Die Luft ist noch etwas feucht an diesem Morgen. Wir befinden uns in einem klassischen Feuchtgebiet.
Beim Naturdenkmal Hummer-Linde steigt der Weg an. Das Tobel zu unserer Linken wird immer tiefer, die unzähligen Bächlein am rechten Wegrand plätschern den Hang herunter und haben Tuffkaskaden gebildet, die allerdings kaum mehr auszumachen sind, grün ist hier einfach alles.
Die Molsberger Wacholderheide, der ehemalige Anger, verbuscht wieder, nachdem er vor zwei Jahren freigelegt wurde. Wenn nichts geschieht wird sie bald wieder ein kleiner Urwald sein. Es gibt nun aber Pläne, den Hang als Weide zu nutzen, um ihn vor dem Zuwachsen zu bewahren. Ziegen, Schafe, Rinder stehen zur Auswahl. Die einen reissen gleich alles aus der Erde und klettern auch noch auf Bäume, die anderen brauchen einen Schäfer (woher nehmen?) und weitere passende Weiden.
Die Hinterwälderinnen wären wohl ideal. Wegen ihres geringen Gewichts und der harten Klauen würden sie den Hang wohl vor Erosionsschäden bewahren. Die nötige Infrastruktur würde allerdings nicht billig sein. Das Zauntor auf dem Foto ist übrigens nicht nur Vorbild, sondern öffnet den Zugang zu einer der zwei neuen Weiden, Bestandteile des Beweidungsprojekts im Molsberger Tal.
Wir verlassen das Tal der unzähligen Quellen. Nächstes Ziel ist die Hutung Reicheneck. Am Weg liegen Äcker, die ganz mit weissen Steinen bedeckt sind, von weitem ungewöhnlich, von nah erstaunlich.
Das Manns-Knabenkraut strahlt mich an. Achtung: auf dem Weg bleiben! Das Neben- und Miteinander von Weide und Orchideen ist nur gewährleistet, wenn wir uns diszipliniert verhalten.
Noch ein Anger liegt auf unserem Rückweg. Der Förrenbacher Anger hat seinen Platz nah beim Dorf an der Strasse nach Reicheneck. Hier verabschieden wir uns von Projektleiter Rainer Wölfel. Seine Erklärungen sind bei uns angekommen!
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