Susanne Will - Chefredakteurin der Hersbrucker Zeitung - war ganz hin und weg, was man im
großen Artikel (für den ihr Foto entstand HZ13JubilaeumHolgerHeuber herunterladen oder mit Bildern aus unserem Archiv weiter unten lesen), aber auch alle anderen Gäste im Alter zuwischen 5 und 80 Jahren waren des Lobes voll.
Denn der erste gemeinsame Freund der beiden Möbelmacherkompagnons Gunther Münzenberg (li) und herwig Danzer (re) hat mit seiner sympathischen und ehrlichen Art Einblicke in die Expedition zum Roraima geboten, die in dieser Form nichtmal im Kinofilm "Jäger des Augenblicks" (mit Stefan Glowacz und Kurt Albert) zu erfahren sind.
So bekamen die, die den hervorragenden Expeditionsbericht schon gesehen haben (das waren über die Hälfte) neue Erkenntnisse vermittelt, und die anderen spannende Vorinformationen, die das nachträgliche Anschauen des Filmes zum noch intensiveren Erlebnis machen. Wir haben den Vortrag als Appetithappen hier auf 5 Minuten zusammengeschnitten:
Aber auch der "Festvortrag" (eigentlich ein nicht wirklich passender Name für so einen persönlichen Einblick in die extremsportliche Vergangenheit der drei Freunde) fesselte nicht zuletzt ob der alten Fotos und den Anekdoten vom gemeinsamen Drachenfliegen die Zuhörer, weshalb wir von einigen Besuchern um die Veröffentlichung in voller Länge zum Nachhören gebeten wurden (21 min).
Vielen Dank für den wundervollen Abend an Holger, der in der Früh um 4 Uhr in Südfrankreich los fuhr, um pünktlich in Unterkrumbach einzutreffen. Und vielen Dank an das Möbelmacherteam, das - wie jeden Abend - für das köstliche Essen sorgte.
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Alles über das 25 Jubiläum der Möbelmacher ist hier zusammengefasst und verlinkt:
Die Videoplaylist mit allen Videos in kurz und lang der Veranstaltungen auf Youtube
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Der begeisterte Artikel von Susanne Will in der Hersbrucker Zeitung, garniert mit Bildern aus unserem Archiv:
Von Freunden und vom Scheitern
Kletter-Profi Holger Heuber bei Möbelmacher Herwig Danzer, einem alten Weggefährten
UNTERKRUMBACH (sw) – Über
die Region hinaus steht Herwig Danzer
für nachhaltige Schreinerei,
dank der der „Möbelmacher“ jetzt in
einer großen dreitägigen Sause das
25. Jubiläum in der Öko-Schreinerei
in Unterkrumbach feierte. Zwischen
Buchkritik mit Denis Scheck (HZ
berichtete) und einem Konzert
schauten alte Gefährten vorbei, mit
denen Danzer ganz andere Wege beschritten
hatte.
In früheren Jahren
sportelte er durch die Fränkische,
ob per Kajak oder per Pedes. Und
lernte da zum einen seinen Kompagnon
Gunther Münzenberg und
den jetzt prominenten Extremkletterer
Holger Heuber kennen. Heuber
lockte am Samstag viele Menschen
in die Fertigungshalle der Möbelmacher.
Denn aktuell zieht er die gesamte
Kletter-Szene mit seinem
Film „Jäger des Augenblicks“ in die
Kinos.
Heuber – er könnte der dritte
Bruder der Huber-Buam sein –
wusste ob der Intimität dieser Veranstaltung.
Dias vom ersten Wohnmobil
wurden gezeigt,
Bilder der
Kinder, auf die die Frauen gemeinsam
aufpassten, wenn die Kerle mal
wieder zum Klettern in die Fränkische
oder zum Gleitschirmsegeln
nach Südtirol fuhren.
Die Kinder sind nun groß, Heuber
blieb aber bei der Kletterei, sie ist
nun sein Hauptberuf. Auch wenn er
vor einigen Jahren schwer verunglückte
und neu laufen lernen
musste, bestimmen Expeditionen
sein Leben. Eine davon führte ihn
nach Venezuela. Dort steht der Roraima,
ein riesiger Klotz, senkrecht
führt die Wand zum Hochplateau.
Und das bestieg er mit Stefan Glowacz
und Kurt Albert. Möglich war
das zum einen durch das Können des
Trios, zum anderen aber auch, da
sich mit Red Bull ein kräftiger Sponsor
gefunden hatte.
Es ist auch ein Film übers Scheitern.
Denn beim ersten Versuch verhinderte
Dauerregen den Schritt auf
den Gipfel. Das Trio hatte sich vertan:
Zwei Wochen kämpfte es sich
mit Indios durch den Dschungel, bis
es zumindest am Fuß des Berges war,
der vor dem Roraima steht. Dauerregen
hatte aus dem Boden zähen
Schlamm gemacht. „Es war unser
,Weg durch den Darm’“, erzählt
Heuber, „feucht und glitschig“. Und
kräftezehrend: Keinen trockenen
Faden mehr am Leib oder im Rucksack,
entschieden sie sich, die steilste
Passage zu klettern, so dass der
Regen wie ein Sturzbach hinter ihnen
herabfallen konnte.
Nach einigen Tagen in der Wand
war es klar: Sie hatten alle Karten
ausgereizt, waren erst auf der Hälfte
angekommen. Desillusioniert und
traurig beschlossen sie umzukehren.
Es ist aber auch ein Film von der
Freundschaft der drei Bergsteiger –
von denen einer nun nicht mehr lebt.
Kurt Albert, der Kletterpapst der
Szene, der Erfahrenste, der machte
am eher läppischen Höhenglücksteig
einen Fehler, er stürzte im September
2010 metertief und starb.
Für Heuber ein Schock. „Er war
mein Expeditionspartner und bester
Freund. Ich wollte nicht mehr klettern,
stellte alles in Frage.“ Und
dann war es Stefan Glowacz, der
Heuber zurück in seine Welt holte.
„Wir müssen die Expedition fertig
machen.“ Es sind rührende Bilder,
die da als Einspieler von Kurt Albert
gezeigt werden, unterlegt von Reinhard
Meys Klassiker „Gute Nacht,
Freunde, es ist Zeit für mich zu
geh’n“.
Über eine andere Route gelang es
dem Duo dann doch noch, den Roraima
zu besteigen. Dort oben, auf dem
Hochplateau, wusste Heuber dann
innerhalb einer Sekunde, „warum
Kurt das Leben so genossen hat“, da
konnte auch er sie wieder fühlen, die
totale Begeisterung fürs Bergsteigen.
Immer wieder wird er gefragt, ob
er denn nicht verrückt wäre, solche
Strapazen auf sich zu nehmen. „Es
ist eine Frage der Sichtweise. Ich
möchte mein Leben nicht tauschen.
Während Sie im stickigen Büro sitzen,
führe ich eine Kajakgruppe und
hänge meine Füße ins Wasser der
Loisach.“ Natürlich, räumt er ein,
klinge das jetzt lockerer als es ist.
„Ich bin im Schnitt sieben Monate
im Jahr unterwegs, schlafe im Zelt
und auf der Isomatte, das muss man
auch mögen.“ Nicht nur er, sondern
auch seine Frau. „Sie liebt genau
diesen Menschen, sie kennt es nicht
anders.“
Die Trauer um seinen Kumpel
Kurt ist noch nicht gewichen. „Es
beutelt mich noch jeden Tag. Aber
das ist doch normal, wenn man mit
einem Menschen 15 Jahre seines Lebens
geteilt hat, das war eine extrem
enge Freundschaft. Die Situation arbeitet
noch täglich in mir. Gerade
jetzt, wenn ich wieder durch die
Fränkische fahre – überall sind
Plätze, die mich an Kurt erinnern, da
krieg ich immer noch Gänsehaut.
Doch jetzt bin ich dankbar, dass ich
Zeit mit ihm verbringen durfte.“
Und was ist mit der Angst? Die
klettert doch jetzt präsenter mit als
vorher? „Es wäre fatal, wenn ich mir
darüber keine Gedanken machen
würde. Aber das mit Kurt, das war
kein klassischer Kletterunfall. Der
Höhenglücksteig, das war für Kurt
wie eine Straße zu überqueren. Und
das ist entscheidend: Denn im
schwierigen Gelände hat man eine
ständige Aufmerksamkeit, wenn
man sich auskennt, lässt man die
fahren – genau das war sein Verhängnis.
Ich sage aber nicht, dass
mir das nicht passieren kann. Kurts
Tod mahnt, immer aufmerksam zu
sein.“
Heuber plant bereits die nächste
Expedition, diesmal wird es ihn
wohl in die Kälte ziehen. Gerade für
viele junge Menschen ist Heuber ein
Held des Kletter-Booms. Doch mit
dem Wort Held kann Heuber nichts
anfangen. „Wir sind keine Kletterer,
die sagen, der Weg nach Hause führt
über den Gipfel, der heroische Alpinismus
hat ausgedient.“ Und auch
der Ruhm bedeutet ihm nichts, was
man ihm abnimmt, wenn er hemdsärmlig
mit dröhnendem Lachen die
Dias kommentiert. „Ich bin der, der
ich vorher war, und das ist mir wichtig.
Und ich möchte so bleiben.“
Susanne Will
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