Es dauert zwar länger ein Buch zu lesen, als einen Film anzuschauen, aber irgendwie ist mir das grade bei den schwierigen Themen lieber. Die Bücher (auch hier sollte man auf deren Kauf im Buchhandel achten, um mit dem Kauf bei Amazon nicht versehentlich liebgewordene Strukturen zu zerstören!) haben zwar nicht so beeindruckende und nicht so bedrückende Bilder, dafür liefern sie mehr Inhalt und hoffentlich Erkenntnisse und außerdem kann man drin rumschmieren.
So war es schon vor einigen Jahren bei "We feed the world" oder "Farmer John" die wir zusammen mit der Buchhandlung Lösch im Hersbrucker CityKino kostenlos und mit anschließender Diskussion zeigten und so ist es mit dem Film "Taste the Waste", der als Buch den Titel trägt: "Die Essensvernichter - Warum die Hälfte der Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist."
"Das Buch "Die Essensvernichter" ist eine Anleitung zum Aktiv werden."
Die Autoren wollen damit eine gesellschaftliche Veränderung anstoßen. Es kann daher auch als Materialsammlung verstanden werden, für die Bildungsarbeit oder weitere Aktivitäten.
Slowfoodgründer Carlo Petrini schreibt dazu im Vorwort:
"Zu den grundlegenden Problemen unserer Zeit gehört die Unfähigkeit zwischen Preis und Wert unterscheiden zu können." (Das ist in der Möbelbranche übrigens nicht anders.)
"...wenn man den Dingen die rechte Wertschätzung entgegenbringt, auch der Genuss eine ganz andere Bedeutung erlangt, allerdings nicht wie heute immer mehr verstanden, als Statussymbol und Luxus, sondern als tief empfundene Freude am Leben, am wirklichen Wohlbefinden. Das Leben wird schöner werden und an Bedeutung gewinnen, wenn wir begreifen, was hinter den Dingen steckt, die wir essen. Zugleich tun wir damit der Erde und ihren Bewohnern einen Gefallen."
Die Materialsammlung informiert nicht nur ausführlich, sie beseitigt auch Vorurteile, wie zum Beispiel die Geschichte der krummen Gurke, die man ja immer der EU-Verwaltung anhängt. Tatsächlich gibt es diese Bestimmung schon lange nicht mehr, aber die Händler halten aus Verpackungsgründen trotzdem dran fest. An vielen Stellen im Buch, an denen bewiesen wird, dass mehr als die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet, stellt sich die wichtigste Frage:
Wer ist schuld daran?
Zu Beantwortung derselben haben die Autoren auch viele Wissenschaftler mit eingeschaltet. Zum Beispiel Dr. Gunther Hirschfelder, Professor für vergleichende Kulturwirtschaften an der Uni Regensburg. Für ihn ist der Supermarktkunde kein willenloser Zombie, sondern verantwortlich für sein Einkaufsverhalten. Auch wenn er die Schuld an unvernünftigen Entwicklungen auch bei der Werbung und vor allem bei der Politik sieht ist seine Erkenntnis:
"Der Kunde ist schuld, wir brauchen mehr verantwortungsvolle Verbraucher."
Ein Kapitel weiter, über die globalen Folgen unseres Konsumverhaltens, in dem auch Klaus Töpfer (das wär doch mal ein Bundespräsident!) zu Wort kommt, gibt es noch einen weiteren Schluss zur Schuldfrage:
"Will man die Schuldzuweisung treffen, dann sind diese Agrarkonzerne die Täter, die Lebensmittelindustrie ihre willfährigen Gehilfen und die Verbraucher die nützlichen Idioten."
Um diese Zusammenhänge verständlich machen zu können, muss im Buch auch die Geschichte der Ernährung erzählt werden. Der erste Supermarkt entstand 1949 in Osnabrück, aber erst Mitte der 50er Jahre führte zum Beispiel der Edeka-Verbund die Selbstbedienung ein, der erste wichtige Schritt zum Wegwerfwunderland. (mehr einkaufen, als man vorhatte, neue Bedürfnisse wecken, die Fresswelle überrollte Deutschland). Ende der 70er Jahre überstieg die Produktion den Bedarf, es entstand Butterberg und Milchsee. Schnell verderbliches Obst war rar und teuer, Exotische Früchte brachten die Vielfalt. "Nun wurde das traditionelle Prinzip der Saisonalität und Regionalität erstmalig auf breiter Front durchbrochen. Das war der zweite wichtige Schritt hin zur Wegwerfgesellschaft." Dann führten noch Fast Food und die Discounter immer weiter weg vom vernünftigen Umgang mit Lebensmitteln.
Das Buch wird konkret, beschreibt die Vorgehensweisen der Mülltaucher und gibt konkrete Verbesserungsvorschläge für Politik, Handel und jeden einzelnen von uns, denn auch die ganz private Lebensmittelverschwendung wird aufwändig belegt: Man will auf alle Eventualitäten vorbereitet sein und kauft mehr ein, als in dem Haushalt gegessen werden kann.
Fazit:
Das Buch ist wie versprochen eine spannende Materialsammlung, die durch die weitergehenden Aktivitäten auf der Homepage noch erweitert wird und selbst für Fachleute auf diesem noch weitgehend unerforschtem Gebiet einige Ansätze liefert. Und es ist angenehm lesbar geschrieben.
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Was hat der Druckdampfgarer im Titel dazu verloren?
Bei der privaten Lebensmittelverschwendung geht es auch um Kochtechniken, das haltbar machen von Lebensmitteln und gesundes Aufwärmen. Wer zum Beispiel den Fisch im ganzen kauft, oder auch beim Fleisch den kompletten Einkauf samt Knochen nutzen will, kann damit aus den "Parüren" und "Karkassen" (also eigentlich den Abfällen) hervorragende Fonds als Saucenbasis oder für Suppen herstellen und dafür auch alle angefallenen Gemüsereste und sogar Schälabfälle verwenden. Das im Dampf aufgewärmte verliert nicht an Geschmack und Vitaminen und zum Beispiel Beeren lassen sich mit ganz wenig Aufwand entsaften. Nachdem uns grade Mielechef Dr. Reinhard Zinkann persönlich bestätigt hat, dass das Gerät im Programm bleiben wird, erwägen wir dazu noch mehr Artikel zu veröffentlichen.
Im Übrigen gibt es beim Umgang mit Lebensmitteln auch viele Parallelen zum Holzeinkauf, den wir ebenfalls aus Qualitätsgründen saisonal und regional organisieren.
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Auch das Slow Food Convivium Nürnberg unterstützt die Aktion "Teller statt Tonne."
Die wichtigen Filme
We feed the world im Hersbrucker Citykino auf Einladung der Möbelmacher und der Buchhandlung Lösch
Farmer John im Hersbrucker Kino auf Einladung der Möbelmacher und der Buchhandlung Lösch
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Alle Beiträge über den Druckdampfgarer im Weblog
Warum wir den Kauf im örtlichen Buchhandel und nicht bei Amazon empfehlen
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