Alle waren sich einig, dass man etwas tun müsse: Die Jury hat statt einem ersten, zweiten und dritten Preis nur einen zweiten vergeben und ansonsten nur noch zwei Belobigungen für die originellen Ideen eines Stuhls mit Schublade (Theresa Senf, Schreinerei Hubner, Hersbruck) und eines Sattelschrankes (Ilona Schmidt, Schreinerei Oppel Schönberg) ausgesprochen.
Die Jury bewertet jährlich die gestalterische Qualität (nicht die handwerkliche) der Gesellenstücke und dafür gibt es - anders als viele Gäste glauben - viele objektive Kriterien. Was nicht immer heißen muss, dass nicht auch subjektive einfließen. So kann man zum Beispiel die Argumentation von Professor Klöcker gegen "Tipp-On Beschläge" (die eine grifflose Tür mit Drücken, statt mit Ziehen öffnen) einerseits durchaus nachvollziehen, andererseits kann man von den jungen Menschen kaum verlangen, dass sie sich in den ersten Lehrjahren schon selbstbewusst gegen den Megatrend der Grifflosigkeit im internationalen Möbelbau stemmen sollen. Und wenn sich Lehrlinge im ersten Möbelstück, dass sie selbst gestalten dürfen sogar bewusst - und wie mehrfach bestätigt wurde - sogar gegen den konkreten Rat ihrer Meister - für zuuu dreieckige, zuuu schwere oder sogar leicht kitschige Elemente, wie zum Beispiel ein Hufeisen als Türgriff entscheiden, dann muss das natürlich bewertet werden, gleichzeitig kann man aber auch - vielleicht leicht schmunzelnd, denn witzig ist das halbierte Hufeisen ja schon - den Willen der Gesellen akzeptieren. Denn in Zukunft müssen sie wieder machen, was ihre Meister oder die Kunden vorgeben, weshalb wir als Schreinerei übrigens auch kein großes Problem damit haben, für Kunden mal Möbel zu bauen, die mehr deren persönlichem Wunsch, als den Regeln des klaren Designs entsprechen, besonders, wenn sie ein originelles Foto abwerfen.
Unser Matthias Becker hat mit seinem Badezimmer-Waschtisch als einziger einen (zweiten) Preis erhalten. Insgesamt wollte die Jury aus zwei Architekten (Stadtbaumeister Lothar Grimm und Wolfgang Ganser), einer Designerin (Angelika Eisenbrand-Leykauf) und einem Berufsschullehrer und Schreinermeister (Gerd Wagner) vor allem die Ausbildenden der Schulen und Betriebe wachrütteln, auf dass man in Zukunft mehr Engagement in die Gestaltung der Gesellenstücke stecke. Der Sprecher der Jury, Prof. Ingo Klöcker fordert dies nicht nur, sondern bietet den Entscheidern auch noch seine persönliche Mithilfe an. Wenn sich die Lehrlinge dann im nächsten Jahr ernsthaft mit der Gestaltung auseinandersetzen, würde wohl auch die Bewertung durch die Jury einen freundlicheren Grundton bekommen, die im übrigen nicht die Lehrlinge, sondern vor allem die Ausbilder kritisiert hatte. Offensichtlich war dieser Appell von Erfolg gekrönt, denn noch während der Freisprechung aller Lehrlinge aus dem Nürnberger Land verkündete unser Obermeister Heinz Oppel, dass sich im nächsten Jahr etwas verbessern werde.
Aber auch die etwas gedämpfte Wertschätzung allgemeiner Gestaltungsregeln würde sich wohl leichter erklären lassen, wenn man das echte Leben in den Werkstätten den Maximen der "guten Form" gegenüber stellen würde: Für uns Schreiner ist zunächst mal der Kundenwunsch, die Kundenzufriedenheit und der Auftrag wichtig, wenn wir zusätzlich durch Beratung auch noch die "gute Form" verwirklichen können, dann entspricht das wohl dem gleichen Glücksgefühl, dass die Preisträger bei der Überreichung der Urkunde verspürten.
Eine große Urkunde samt Ehrennadel bekam auch unser Mathias Deinhard, weil er nach seiner Ausbildung und seinen "Wanderjahren" jetzt schon wieder seit 10 Jahren bei uns arbeitet. Mein Gott wie die Zeit vergeht ...
Mathias Becker und seine Möbelmacher-Kollegin Christina Fraude (Foto oben) haben übrigens nicht nur ihre Gesellenprüfung bestanden, sondern dank ihrer guten Noten auch die mittlere Reife erreicht, was für uns ein weiterer Grund zum Feiern mit Mitarbeitern nebst Familien war, wozu die Trattoria da Carmelo in der Falknerstraße 2 ein
en schönen Rahmen und feines Essen bot.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei unserem Gastgeber der Sparkasse Lauf, bei allen Rednern und vor allem bei der Jury, die wieder viel Zeit und Herzblut investiert hat. Schön, wenn dieser Veranstaltung auch Taten folgen und die Jury im nächsten Jahr wieder alle Preise vergeben kann.
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Zeitungsskandal bei der guten Form im Jahr 2009
Diskriminierungs-Skandal bei der Schreinerinnung Bayreuth
Hier finden Sie alle Gesellenstücke der Möbelmacher von Anfang an: http://www.die-moebelmacher.de/firma/auszeichnungen/designpreise.html
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