Wir wollen uns wirklich nirgends einmischen, wo es mit rechten Dingen zugeht. Wenn der stellvertretende Obermeister der Schreinerinnung Oberfranken, Andreas Pimpl, aber selbst die Regelung für die Nichtzulassung bei der "Guten Form" für Gastgesellen aus anderen Innungen "nicht nachvollziehen kann," uns aber im Zeitungsartikel (der aus unserem Blogbeitrag entstanden ist), "eine Frechheit und eine unverschämte Aktion" vorwirft, dann sieht es ein wenig aus, als wenn bei der "Guten Form" in Bayreuth trotz des eingeräumten "großen Kummers" nicht alles den werten Namen verdienen würde.
Fast noch mehr als der Skandal um unseren diskriminierten Lehrling Michael Herzog befremdet uns ein Zeitungsartikel, auf dessen Foto Funktionäre und Sponsoren(!) in einem seltsam arrangierten Möbellager ganz ohne Schreinerlehrlinge bzw. Gesellen zu sehen sind (siehe Foto1). Lustigerweise wundert sich nicht nur die Bayreuther Zeitungsredaktion darüber, sondern auch Fachlehrer, ganz viele Kommentatoren und der Dachverband in München. Denn nichtmal in China gab es Medallienfotos ohne Sportler und das will wirklich was heißen.
Nach unseren Informationen gibt es auch im nächsten Jahr wieder Schreinerinnen und Schreiner aus benachbarten Innungen in Bayreuth. Denen gilt unsere Hoffnung, dass Michaels Gesellenstück zwar preistechnisch verschmäht, aber wenigstens moralisch wirksam wurde. Vielleicht fragt die Redaktion ja wirklich im Mai oder Juni 2009 bei den Organisatoren nach, oder der Dachverband (der es in diesem Handwerk wirklich nicht leicht hat) schafft endlich einheitliche Regelungen für die Teilnahme an einem Design-Wettbewerb, der im Endeffekt für die Zukunftsfähigkeit einer ganzen Branche steht.
Der Artikel von Susanne Lindner:
Kummer um Gesellenstück
von Susanne Lindner
BAYREUTH/NUERNBERG. Weil Michael Herzog aus Bayreuth seine Ausbildung zum Schreiner in Unterkrumbach im Landkreis Nürnberg absolvierte, wurde ihm die Teilnahme am Wettbewerb „Die gute Form – Schreiner gestalten ihr Gesellenstück“ der Schreiner-Innung Bayreuth untersagt.
Schreiner-Lehrling Michael Herzog mit seinem Gesellenstück. Die Teilnahme am Wettbewerb „Die gute Form“ wurde ihm verwehrt. Foto: nkAls „diskriminierenden Protektionismus“ bezeichnen Die Möbelmacher aus Unterkrumbach bei Hersbruck die Vorgehensweise der Bayreuther Schreiner-Innung auf ihrem Weblog. Der Grund: Ein Lehrling der Firma wurde beim Wettbewerb „Die gute Form – Schreiner gestalten ihr Gesellenstück“ abgelehnt. Als Begründung gab die Innung laut Herzog an, dass die Firma Die Möbelmacher zwar Mitglied in der Schreiner-Innung Nürnberg-Land, nicht aber Mitglied der Schreiner-Innung Bayreuth ist.
Herzog selbst wohnt in Bayreuth und besuchte deshalb während seiner Ausbildung auch dort als Gastschüler die Berufsschule. Da die Nürnberger Innung am 28. Juli ebenfalls den Wettbewerb durchgeführt hat, hätte er sein Gesellenstück auch dort ausstellen können. Zu dieser Zeit waren die Bayreuther Berufsschüler jedoch noch nicht mit ihrer Gesellenprüfung fertig und Herzogs Gesellenstück befand sich noch in Bayreuth.
Dass an einem Innungs-Wettbewerb normalerweise nur Innungs-Mitglieder teilnehmen dürfen, ist nach den Worten von Hans Konrad Felser, dem Prüfungsvorsitzenden der Innungen Nürnberg und Nürnberg-Land klar. Dass aber auch sogenannte Gastlehrlinge wie Herzog ausgeschlossen werden sei ihm bisher nicht bekannt gewesen. „Diese Vorgehensweise ziemt sich für eine Innung nicht und ist ziemlich schroff“, erklärt Felser. „Ich verstehe nicht, warum sich die Bayreuther so kurzsichtig geben.“
Nur für Mitglieder
Die Bayreuther Schreiner-Innung sieht das ganz anders. „Der Fall mit Herzog macht uns großen Kummer“, sagt Andreas Pimpl, der stellvertretende Obermeister. Die Bayreuther Innung habe vor Jahrzehnten einen Beschluss gefasst, nach dem für den Wettbewerb nur die Gesellenstücke der Lehrlinge herangezogen werden, die aus einem Mitgliedsbetrieb stammen. Selbst wenn Gesellenstücke aus Betrieben, die nicht Mitglied der Bayreuther Innung sind, besonders gut gelungen sind, dürften sie sich nicht am Wettbewerb beteiligen. Pimpl: „Wer nicht Mitglied ist, kann nicht mitmachen.“
Genau nachvollziehen kann Pimpl, der seit 2001 das Amt des stellvertretenden Obermeisters besetzt, den Beschluss der Bayreuther Innung heute allerdings nicht. Immerhin sei Herzog auch der erste Fall dieser Art, der Pimpl zu Ohren kommt.
Das Verhalten des Betriebs aus Unterkrumbach und den Beitrag im Internet hält Pimpl für eine Frechheit und eine unverschämte Aktion: „Wenn der Betrieb Mitglied der Innung Nürnberg-Land ist, warum ist Herr Herzog dann nicht in Nürnberg in die Berufsschule gegangen?“ Natürlich könne ein Auszubildender einen Gastschulantrag an einer Berufsschule, die sich näher am Wohnort befindet, stellen. Doch dann müsse er eben seine Zwischenprüfung und auch die Gesellenprüfung dort absolvieren.
HINTERGRUND
"DIE GUTE FORM"Der Wettbewerb „Die gute Form – Schreiner gestalten ihr Gesellenstück“ wird auf Innungs-, Landes- und Bundesebene ausgetragen. Er soll den Stellenwert, den Gestaltung im Schreinerhandwerk hat, ins Blickfeld rücken. Junge angehende Schreiner sollen sich ernsthaft Gedanken zu einer zeitgemäßen Formgebung ihrer Gesellenstücke, die gleichzeitig auch die Wettbewerbsarbeit sind, machen. Nachbildungen vergangener Stilepochen werden nicht zugelassen. Um am Wettbewerb teilnehmen zu können, muss das Gesellenstück mindestens die Note „befriedigend“ erreicht haben. Bewertet werden die Wettbewerbsarbeiten von einer unabhängigen Jury nach Gesichtspunkten wie Originalität, Formgebung, Funktionalität, Konstruktion und Zeitaufwand. Die Sieger erhalten in der Regel Siegerprämien, werden in das Begabtenförderungsprogramm aufgenommen und qualifizieren sich für die nächste Ebene.
Der Blogbeitrag vom 06.August 2008
Die Sonderseite der Gesellenstücke 2008.
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