Die taz und ihr Umgang mit einer Probe-Abo - Umwandlungs-Verweigerin.
Unsere Gastautorin Nicola Polterauer (auf Jobsuche in einem umweltrelevanten BWL-Themengebiet) bekam einen Brief von der Taz, der eine Taz-Redakteurin glatt an die Decke unserer Ausstellung brachte und die ist sehr hoch.
Die überraschendsten Zitate dieses erstaunlichen Machwerks eines für Anrufer nicht erreichbaren Redakteurs kann man in Nicolas Beitrag nachlesen, aber sogar den Einstieg in Überlänge fände ich in voller Länge berichtenswert, wenn ich ihn dazu nicht abtippen müsste. Er erzählt ebenso weitschweifend wie informationsneutral von seinem Weihnachtsfest und seinem Namenstag, die durch den Brief, den er von einem Kollegen gezwungen werde zu schreiben, arg an Erholungswert verlören.
Ich hatte einen Termin mit einer Taz- Redakteurin, weil sie einen wunderbaren Artikel über Slow City Hersbruck schreiben wollte (was ihr auch gelang, hier nachlesbar) und nach Kartoffelchips vom Tepan Yaki und Fraenzi Frankensecco habe ich ihr den Brief vorgelesen. Nur zusammen mit Petra Hofmann, konnten wir sie langsam wieder von der Decke runterholen, sie war so schockiert über den Umgangston mit ihren Lesern, dass sie den Brief sofort einsteckte und in der Redaktion diskutieren wollte. Was dabei rauskam, hat sie selbst gewundert, denn der Brief sei "offizielle Geschäftsführungstaktik". ... Er wurde über 2000 mal verschickt und ist Werbestrategie."
Na wunderbar. Was wir alle spontan für eine einmalige Entgleisung eines dem Kontakt mit Kunden entrückten Schreibers hielten, ist also ein konsequenter Wutablassplan (von dem mich übrigens vor allem die Ergebnisse interessieren würden). Keine Frage, wir kennen zu gut nervende Schnäppchensucher (bei uns sind es häufig raffinierte Polstermöbelkäufer aus ganz Europa, die ihren Händler vor Ort austricksen wollen), aber die Gefahr, dass einer einfach nur ehrliche und kompetente Beratung sucht - oder eben als Taz-Fan das Probe-Abo nutzt, dessen Umwandlung sie (damals) noch ohne Job und rund um die Uhr bewerbungsschreibend ablehnen musste - diese Gefahr ist einfach zu groß, als dass es Sinn machen könnte, alle pauschal zu verunglimpfen.
Dieser "pampige Tonfall" (Zitat des Briefautors) dem Leser gegenüber enttäuscht vor allem bei einer Zeitung, die selbst bei der Verleihung des Preises der Arbeit bis zum Schluss betont, dass sie die Angaben der ausgezeichneten Firmen nicht überprüfen konnten. Vielleicht gibt es bei der Taz unterschiedliche ethische Ansprüche an sich selbst und an andere?
"Wahrscheinlich wird so etwas in Zukunft nicht mehr verschickt," schreibt uns die Redakteurin was für mich ein wenig zerknirscht klingt. Eine klassische Re-Aktion, die vielleicht ein wenig Ärger vermeidet, aber an der eigentlichen (Un-)Wertschätzung des potentiellen Kunden wohl nichts ändern wird, zumindest nicht bei den Befürwortern dieses Briefes. Weil es davon nach unseren Kontakten anscheinend nicht viele gibt, wird diese Aktion an unserer potentiellen Unterstützung für diese unabhängige Zeitung nichts ändern, aber traurig ist es trotzdem.
Nicola Polterauers Artikel zum gleichen Thema.
Kirstin Walther vom Saftblog zum gleichen Thema mit schöne Kommentar.
Der Artikel über Hersbruck war sehr gelungen.
Ob man mit der "offiziellen Geschäftsführungstaktik" neue Abbonenten gewinnt, sollte sich TAZ vielleicht noch einmal überlegen.
Kommentiert von: Rainer Wölfel | 14. Februar 07 um 13:58
Selbst wenn Nicola vor diesem Schreiben einen Brief oder einen Anruf bekommen hätte - diese "Geschäftsführungstaktik" ist einfach unmöglich!
Kommentiert von: Nina Schoproni | 14. Februar 07 um 16:16
Ja, Ja, so ist sie, die TAZ, uns freie Fotografen speist sie mit magerem Honorar ab, denn "wir sind doch alle solidarisch" mit der armen linken Tageszeitung. Und da müssen doch auch wir etwas zur Unterstützung beitragen.
Kommentiert von: Thomas Geiger | 16. Februar 07 um 22:58
manueller Trackback von blogpaganda.de:
"[...] Man muss nicht erst groß ins Web2.0 einsteigen und an der Blogpaganda-Schraube drehen, um auch mal eine schlechte Marketing-Kampagne zu fahren. Ein dummdreister Brief mit einem Schuss Angst-Appell tut’s auch. [...]"
http://www.blogpaganda.de/2007/02/22/taz-muss-nicht-sein-leserin-vergrault/
Kommentiert von: Stefan Kirsch | 25. Februar 07 um 13:43