Zwei Interviews in Folge werfen ganz neue Fragen auf. Nikolaus Nützel vom Bayerischen Rundfunk besuchte uns für einen Beitrag in Bayern Zwei über unternehmerische soziale Verantwortung (Corporate Social Responsibility, CSR) am Beispiel Faber Castell, Hess-Natur und Möbelmacher. Durch Internet und unsere Jahrbücher gut vorbereitet machen wir die "normale" Führungsrunde immer mit dem Mikrofon am alten aber krisensicheren Sony Kasettenrecorder (Auf dem Bild mit dem Sideboard nimmr er übrigens gerade das fast lautlose Schließen der Schublade auf, aber aussehen tut es, wie wenn er das Möbel was gefragt hätte und auf Antwort wartet - draufklicken vergrößert). Nach den Aufnahmen mit den Mitarbeitern und meinem Kompagnon Gunther beim Kaffeetrinken im Freien(!) diskutieren wir noch die klassischen Nachhaltigkeitsthemen (keine Angst, heute bleiben die Blogleser mal davon verschont), da kommt schon unsere Slow City Tourist Info Chefin Petra Hofmann mit der Taz-Redakteurin Edith Kresta, die sich aufgrund des Zeitartikels von Christan Schüle für die Slow City Hersbruck interessiert. Bei frischen Kartoffelchips vom Tepan Yaki und Fraenzi, dem Frankensecco vom fürstlich Castell-schen Domänenamt (hier nochmal der Dank an Erich Weichlein, dessen köstliche Gewürzmischung für die Consumenta-Entenbrüste die Chips veredelt, solange ich nicht zuviel davon erwische) kommen Fragen auf, über die ich selbst im Leben noch nicht nachgedacht habe.
"Wären die Möbelmacher auch was sie sind, wenn sie von zwei schwulen Schreinern aus Köln gegründet worden wären?"
"Graf von Faber Castell zählt zu den hundert reichsten Menschen Deutschlands. Macht Nachhaltigkeit reich?"
Die Frage nach Reichtum lässt sich ja noch umschiffen: Reich an Erfahrung, reich an Lebensqualität durch einen Arbeitsplatz und Wohnort in Unterkrumbach, reich an regionalem Holz, an Freude an der Arbeit und außerdem mussten wir noch niemand entlassen, können unser Gelände und unsere (CNC-)Maschinen abzahlen und zahlen unseren Mitarbeitern und uns etwas höhere Gehälter als die Durchschnittsschreinerei. Mehr Umsatz wäre sicher wünschenswert, aber die Reichtumstabelle ist auch weiterhin vor unseren Namen ziemlich sicher, auch wenn mein Kompagnon Münzenberg heißt - nomen ist nicht immer omen. Aber im Gegensatz zur Familie Faber-Castell haben wir unsere Arbeit erst vor 18 Jahren mit 17 000 Mark Eigenkapital begonnen, wir haben also noch ein paar Hundert Jahre Zeit.
Auf die schwulen Kölner Schreiner kamen wir nur, weil ein von zwei gleichberechtigten Kompagnons geführter Betrieb im 19. Jahr eher selten ist und weil auch die Ehen der Gesellschafter rein statistisch schon überfällig wären. Hat die Akzeptanz in der Hersbrucker Alb damit zu tun, dass herwig am Gymnasium schon Schülersprecher war und die 18-Jährige Tochter sich die Schauergeschichten der Lehrer über ihren Vater anhören muss? Hätten sich die Zugereisten mit hochwertiger Arbeit und regionalem Engagement das gleiche Vertrauen erarbeiten können?
Keine Ahnung, kann schon sein, äh weiß nicht? Ich halte die Wahrscheinlichkeit für gering, denn die Möbelmacher sind abgesehen von den engagierten Mitarbeitern vor allem ein Ergebnis von zwei Familien. Und das sind eben doppelt so viele Menschen, mit den beiden Töchtern sogar drei mal so viele wie das schwule Pärchen. Die Möbelmacher wurden 1988 durch das zwölf bis 15-stündige Freistellen der Männer ermöglicht und durch Familien, die emotionale und Motivationstankstelle gleichzeitig sind. Mal ganz abgesehen davon, dass Ute seit 1997 auch aktiv an der Gestaltung beteiligt ist und viele geschmackliche Dinge wie das regionale Musterhaus und die komplette Ausstellung managed und das beide Frauen als Sportlehrerinnen und Rückenschulleiterinnen die Basis für die Auszeichnung "Ergonomie-Kompetenzzentrum für das Nürnberger Land" bilden. Die korrekte Frage müsste also eher eher heißen: "Hätten zwei schwule Pärchen aus Köln die Möbelmacher machen können. Antwort wie schon einen Absatz weiter oben: "Keine Ahnung."
Leider musste Nikolaus weiter zur fränkischen Verwandschaft, Edith, Erika und ich mussten im Namen von Slow Cirty bei Anita und Hans Peter Eberhard sauere Zipfel (mit viel Zweibeln sauer gargezogene fränkische Bratwürste) essen und Hersbrucker Bier trinken und auch noch einen fränkischen Rotwein namens Domina. Edith hat schon einen Reiseführer (über Djerba) geschrieben und beschäftigt sich ständig mit neuen und nachhaltigen Strategien im sanften Tourismus, (wo wir auch eine Parallele zu den Naturfreunden entdeckten, für die herwig Danzer als Kajaklehrwart Sportfreizeiten für Jugendliche mitorganisierte, die erst Jahre später als Vorbild für den neu geprägten Begriff des "sanfter Tourismus" dienten).
Diese Gemeinsamkeiten sind wohl keine Zufälle, denn idealerweise interessiert sich ein Journalist dann für ein Thema, wenn er dort auch kompetent ist.
So müsste ich jetzt in klassischer Unternehmerjammermanier eigentlich bedauern, dass ich von 14:30 bis rund 22:00 Uhr mit Pressearbeit beschäftigt war, aber das ist Quatsch: ganz davon abgesehen nette Menschen kennengelernt zu haben, was Gutes gegessen und getrunken zu haben, habe ich eine Reihe neuer Denkanstöße erhalten. Für Slow City, für die Möbelmacher und vor allem für schwule Schreinerpärchen.
Übrigens hat auch Nikolaus Nützel einen Reiseführer geschrieben und in kürze kommt ein interessantes germanistisches Jugendbuch raus und eine Erklärung der Gesundheitsreform bei dtv (kann jetzt schon bestellt werden, aber am besten in Ihrer Buchhandlung).
Sendetermin auf Bayern 2: Dienstag, 6.Februar - mutmaßlich gegen 10.30
Der Slow City-Taz-Artikel erscheint vermutlich am Samstag, den 27.1. im taz Magazin
Zur Nachhaltigkeitsseite der Möbelmacher
Wenn der herwig mit dem Gunther
macht das schwule Schreiner munter?
Man muesste jetzt noch fragen, haetten die Moebelmacher auch in Koeln gegruendet werden koennen? - dann waer der Weg zur Moebelnmesse nicht so weit gewesen und das Holz käme dann wohl aus dem Bergischen Land. Aber wuerden dann die Moebelmacher-Toechter nicht lesbisch oder vielleicht sogar Schuelersprecher der Koelner Gymnasien? DaDaDa... Oh liebe Kollegen(innen)
Dann doch lieber die ZEIT als die TAZ - oder? Wenn auch die Gabi Pauli bei der ZEIT wohl kein fast ganzseitiges Titelfoto bekommen haette mit BILDmaessiger Schlagzeile "Danke, Frau Pauli!", so wie heute bei der TAZ.
Kommentiert von: Thomas Geiger | 19. Januar 07 um 19:56
Oh, das hab´ich wohl was missverständlich formuliert. Die Ursprungsfrage zum gemeinsamen Rumblödeln ob der schwulen Schreiner kam vom Bayerischen Rundfunk, nicht von der Taz. Trotzdem finde ich deren Überschrift nicht übel und in der Zeit hatte sie immerhin ne halbe Seite, zu der ich in diesem Eintrag schon verlinkt habe:
http://nachhaltigkeit.blogs.com/nachhaltig/2007/01/gabriele_pauli_.html
Kommentiert von: herwig Danzer | 20. Januar 07 um 18:30
Hi herwig!
Die Domina hat Dir wohl soch ein bisschen zugesetzt, oder? Wer bitte ist Erika? Ich habe sie jedenfalls nicht gesehen. Übrigens: auch unser Link stimmt nicht so ganz - Hersbruck ist immer noch unter www.hersbruck.de erreichbar, auch wenn ich der Frankenalb natürlich die jetzt hoffentlich erfolgten Zugriffe gönne. LG Petra
Kommentiert von: Petra | 30. Januar 07 um 15:04
Au weh au weh, tschuldigung Petra, aber als ich die obrigen Zeilen schrieb, hat Erika vom Sittenbacher Laden angerufen und da Männer bekanntlich keine zwei Sachen gleichzeitig mahen können, kam ihr Name dann auch in den Text. Und warum solls Euch besser gehen, ein flascher Link kommt selten allein ...
Kommentiert von: herwig Danzer | 30. Januar 07 um 17:52