Als kleine Einstimmung in das Buch von Stefan Pürner sollte der geneigte Leser zunächst mal den Artikel des Fotografen Thomas Geiger samt aller Kommentare lesen. Beim Skifahren konnte ich mich endlich durch das Werk arbeiten und es hat in mir - parallel zu der Aufforderung von Stefans Klon mich selbst klonen zu lassen - eine Menge Fragen aufgeworfen.
1. Wenn Stefans Klon im Weblog klomentiert, quatsch, kommentiert, dann ist das im Buch beschriebene Parallelitätsverbot wohl noch nicht erfunden (danach darf der Klon erst geboren werden, wenn der Gencodegeber schon tot ist). Dann habe ich ja nichts von einem Klon, von dem ich mir hauptsächlich Skifahren verspreche, während mein Klon am Schreibtisch sitzt. Also was ist der Vorteil außer dem Kommentieren in Weblogs?
2. Klonen und die Nachhaltigkeit. Ich befürchte ja, dass auch Stefans kommentierender Klon ein Jurist ist. Anders kann ich mir die Spitzfindigkeit "wir klone sind der inbegriff der nachhaltigkeit, weil wir ja das erbgut unserer vorbilder weiter tragen" kaum erklären. In den drei Nachhaltigkeitskategorien Ökonomie, Ökologie und Soziales fällt mir insbesondere nach dem Lesen von Stefans sicher epochemachenden Werkes über die Klone keine ein, die von Klonen wirklich weitergebracht werden könnte. Ökonomisch kosten sie viel Geld, deshalb die rigiden Steuergesetze, die verlangen, dass der Klon schon vor seiner Geburt finanziell abgesichert sein muss, aber dann hat er ja auch keinen Anreiz was Sinnvolles zu tun? Ökologisch haben wir von der hundertprozentigen Erbgutübertragung im Vergleich zur klassischen 50-prozentigen doch auch keinen Vorteil, außer wir klonen ein paar der letzten Ökos. Und besonders sozial scheinen mir die Jungs und Mädels auch nicht zu sein, sonst müssten sich die Richter im Hinterzimmer wegen Erbschaftsfragen nicht so besaufen.
3.Geschäftsidee? Bisher bauen wir für unsere Kunden als besonderen Service Möbel aus deren eigenem Holz welches immer aus der Region kommt. Einen Schritt weiter geht die Idee, die DNA der Verstorbenen in diese Bäume einzupflanzen (soweit die Idee von Stefan Pürner in "Der Baum des gewesenen Lebens") und nach einigen vielen Jahren den Angehörigen Möbel daraus zu bauen (unsere weitergedachte Idee). Wäre das für unsere Kunden interessant? Die Holzart "exquisiten edel rotbraun blätternden Adelahorn" könnten wir hier sicher gut gebrauchen, aber wie begeistern wir die Waldbauern von der Idee?
Fragen über Fragen und ich bin nicht davon überzeugt, dass der Klon Zukunft haben wird. Vielleicht können wir in 30 Jahren noch auf dieses Weblog zugreifen und Stefans Visionen falsi- oder verifizieren. Vielleicht ist es bis dahin aber sowieso schon in der Hand der Klone?
Bin gespannt, ob wieder nur Stefans Klon antwortet, oder ob er selbst mal auftaucht, allen anderen empfehle ich rechtzeitig die Lektüre des tollen Buches, bevor sie unvorbereitet in Situationen geraten, die sie früher oder später erleben werden.
Lieber Herwig,
trotz kloniger mailadresse (die es aber wirklich gibt) meldet sich hier das Original.
Ich bin zum einen sprachlos, wie genau Du das Buch gelesen hast. Sogar beim eigenen Vestoß gegen das Parallelitätsverbot hast du mich erwischt. Aber das galt ja nicht immer.
Zum anderen mache ich es natürlich wie alle Künstler und werde mein Werk nicht kommentieren.
Im Gegenteil antworte ich mit einer Gegenfrage.Wieviel Prozent bekomme ich am Erlös aus den DNA-Baummöbeln ?
Abgesehn davon, daß das ein herrliches plot für die nächste Kurzgeschichte ist. Ich bin schon gespannt, wann du sie schreibst. "Auf keine andere Weise können Sie die Wertschätzung gegenüber Ihrer Erbtante besser zum Ausdruck bringen als dadurch, Ihre DNA in einer geschmackvollen Kommode weiterleben zu lassen!", "Zeigen Sie Ihren verblichenen Ahnen, was sie von Ihnen halten: Wir machen Schuhschränke aus deren DNA". Und das Schlimste: wir werden es erleben, wenn wir nicht nachhaltig was für die Einmaligkeit und die Einmaligen tun! So gesehen sind Möbel von den Möbelmacher auch ein Beitrag gegen die Klonisierung der Welt, die ja schon längst begonnen hat.
ungeklonte Grüße
Stefan
Kommentiert von: Das Original | 30. März 06 um 15:46
"Wieviel Prozent bekomme ich am Erlös aus den DNA-Baummöbeln?" fragt endlich mal das Original, Stefan Pürner höchstselbst, dass sich sonst aus der fachlichen Diskussion aus vermeintlich künstlerischen Gründen dreist heraushält. Zurück zur Prozentfrage: Wenn Stefan Pürner unsere geschätzten Waldbauern oder noch besser die Forstbetriebsgesellschaft Nürnberger Land nicht nur überzeugt, sondern auch technisch in die Lage versetzt, die DNA von Verstorbenen in Bäume einzupflanzen, dann können wir über eine Beteiligung gerne diskutieren. Aber ich vermute mal, dass er schneller viele Bücher verkauft, als wir viele Möbel unter dem Slogan: "Wohnen mit der g a n z e n Familie." Gestern wurde mir übrigens sogar mein vollgekritzeltes und vom Skianorak verschrammeltes Exemplar aus den Händen gerissen. Hoffentlich hat Martin Lösch genug Original-Bücher auf Lager.
Hier ist übrigens eine kompetente Buchbesprechung von Beatlesfans (bißchen runterscrollen): http://www.germanbeat.info/sh_buntesmagazin_0603.html
Kommentiert von: herwig Danzer | 30. März 06 um 21:22